Bayernpartei diskutierte in Hörpolding mit Gästen kontrovers über aktuelle Probleme
Traunreut. Eine informative, lebendige und mitunter auch kontroverse öffentliche Diskussionsveranstaltung zum Thema „Europa vor der Wahl!?“ gab es im Gasthaus Namberger in Hörpolding. Eingeladen hatte der Bayernpartei-Kreisverband Traunstein. „Für uns als christliche, konservative, liberale und heimatverbundene Partei ist es ganz wichtig, dass es verantwortungsbewusst in die Zukunft geht“, betonte Kreisvorsitzender Heinrich Wallner. Dem Thema Klimaschutz werde dabei eine wichtige Rolle zukommen. Angesichts des rasanten Bevölkerungswachstums auf der Erde, müsse man wissen, dass jeder Mensch das Klima beeinflusse. „In den 1970er Jahren gab es rund vier Milliarden Menschen, aktuell sind es schon mehr als 7,67 Milliarden und 2050 werden es schon fast zehn Milliarden sein“, gab Wallner zu bedenken. Als Deutsche gehöre man zu den großen Ressourcennehmern und es bestehe kein Zweifel, dass zum Beispiel „auch die
1,3 Milliarden Afrikaner unseren Lebensstandard erreichen wollen“. In Deutschland sei in den letzten 40 Jahren einiges für den Umwelt- und Klimaschutz getan worden, doch alleine werde man die Welt nicht retten können, so Wallner.
Im Landkreis Traunstein steige die Bevölkerung in den kommenden zehn Jahren von derzeit 177.000 auf voraussichtlich rund 200.000 Einwohner an, was die Infrastruktur erheblich beeinflussen und zu einem großen Flächenverbrauch führen werde, so Wallner. Er verwies hier auch auf die 2000 Wohneinheiten, die bis 2028 in der Stadt Traunstein geplant sind. Eine Lanze für den Ausbau der erneuerbaren Energien brach Hans Schupfner. Deutschland müsse die Energiewende bis 2050 unbedingt hinbekommen. „So wie bisher können wir nicht weitermachen, sonst steigen uns unsere Kinder und Enkelkinder mit Recht auf den Hut“, mahnte der Vorsitzende der Bund Naturschutz-Ortsgruppe Seeon-Seebruck-Truchtlaching Richard Gruber an. Ins gleiche Horn blies Kreisrat und Imker Alfons Baumgartner. Der Mensch sei gerade dabei, seine Lebensgrundlage zu vernichten und seine eigene Zukunft zu verspielen.
Zur globalen Schüler- und Studierendenbewegung „Fridays for Future“ meinte Wallner: „Wir respektieren jeden der sich aus Überzeugung für den Klimaschutz einsetze und bei sich selber anfange, trotzdem dränge sich hier der Verdacht auf, dass die jungen Leute instrumentalisiert würden. Es komme ihm vor, so Wolfgang Berka, Mitglied des Kreisvorstandes und europapolitischer Sprecher, dass unter dem Deckmantel des Klimaschutzes „ein gesellschaftlicher Wandel und Umbruch herbeigeführt werden soll, was keine ungefährliche Sache ist“. Die Umwelt gelte es zu erhalten, doch eine „Öko-Diktatur“, die die Menschen verunsichere, Ängste schüre und spalte, „hat mit unseren Werten überhaupt nichts zu tun“, meinte Berka mit Blick auf die „Liberalitas Bavarica“ und fügte an: „Jeden Tag wird eine andere Sau durchs Dorf getrieben und die Leute fallen darauf rein“. Für Konrad Konrad Bauregger ist dies „fast schon Öko-Faschismus, ein Zwang und Druck der extrem ist“. Dass die Leute das alles reflexartig mitmachen würden, sei schon kurios. Wenn man bedenke, dass der CO2-Anteil in der Luft bei 0,038 Prozent liege und nur 0,00152 Prozent vom Menschen beeinflusst würden, müsse man sich schon fragen dürfen, ob dies so einen großen Einfluss auf das Klima habe, so Bauregger. Ob eine CO2-Steuer sinnvoll sei, müsse genau durchdacht werden, meinte Wallner. Beim Ringen um Wählerstimmen würden sich derzeit viele Parteien dem allgemeinen Trend anhängen, sagte Pittenharts Bürgermeister Sepp Reithmeier (CSU).
Einen flammenden Appell hielt Berka auf ein „Europa der Regionen“ und bedauerte, dass der 1995 gegründete EuRegio-Zusammenschluss Salzburg–Berchtesgadener Land–Traunstein „vor sich hin döst“, obwohl es im grenznahen Raum viele gemeinsame Interessen gebe. „Diese Nähe nutzen wir viel zu wenig“, mahnte er an und lobte Österreichs Vorreiterrolle beim „dualen Bildungssystem“, von dem auch hiesige Schüler profitieren könnten. „Salzburg ist von uns näher als Rosenheim, die Synergien müssen noch besser genutzt werden“, wünschte sich auch Wallner eine verstärkte Zusammenarbeit. Für die Landwirtschaft gebe es „nichts Besseres als ein Europa der Regionen“, meinte Kreisrat und Landwirt Andreas Holzner und kritisierte die aktuelle europäische Landwirtschaftspolitik. „Europa ist unsere Zukunft“, stellte Wallner klar und warnte mit Blick auf die am kommenden Sonntag anstehende Europawahl: „Wir müssen den Laden zusammenhalten, das Schlimmste wäre, wenn Europa nach der Wahl auseinanderbrechen würde“. Zum bewährten Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten gebe es keine Alternative, auch wenn dies die Wahrung der Einheit erschwere, so Bauregger.
Es sei unverantwortlich, dass Deutschland seit Jahren Zukunftstechnologien an die Asiaten verkaufe, ärgerte sich Hans Schupfner und fügte an: „Wir Europäer verschlafen alles“. Dass man sich hierzulande bei der Umstrukturierung der Autoindustrie schwer tue, liege auch daran, dass man für den Bau von Autos mit Verbrennungsmotoren 2000 Zulieferbetriebe benötige, während bei Elektroautos nur rund 150 nötig seien, was viele Arbeitsplätze gefährden würde, so Schupfner. Einig war man sich darin, dass man neben der Elektromobilität in Zukunft auch auf andere klimaschonende Antriebstechnologien setzen müsse. Als Bayernpartei sei man strikt gegen eine Lockerung des Ladenschlussgesetzes, denn das wäre „der Tod für die Dorfläden und Familienunternehmen, die nicht rund um die Uhr arbeiten könnten“, betonte Wallner. mmü